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Hintergrund: |
Die Entscheidung, eine Modellgasturbine mit zweistufigen Radialverdichter zu bauen, viel aus folgen Gründen:
- durch das höheres Verdichtungsverhältnis steigt der Wirkungsgrad des Triebwerkes an
-die Abgasgeschwindigkeit erhöht sich ebenfalls. Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad bei hohen
Fluggeschwindigkeiten.
-bisher gab es noch keine Modellstrahlturbine mit zweistufigen Radialverdichter die funktioniert.
Der eine oder andere mag jetzt Bedenken äußern, das dieses Triebwerk mit der hohen Abgasgeschwindigkeit
und dem damit verbundenen höheren Abgasgeräusch für den Einsatz im Modelljet nicht geeignet ist. Ich bin
jedoch der Meinung, dass dieses Triebwerk durch den hohen Fertigungsaufwand, im Vergleich zu bisher
bekannten, nur für Spezialanwendungen in Frage kommt. Wird der Antrieb dann z.B. bei einer Flugschau
eingesetzt, ist einwenig mehr Sound auch kein Problem, sondern beeindruckt um so mehr.
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Auslegung / Konstruktion: |
Nachdem ich von der Firma KKK Verdichterkennfelder und Abmessungen von verschiedenen
Turboladerverdichterräder erhalten hatte, wählte ich eines aus, mit dem sich meine an das Triebwerk gestellten
Forderungen erfüllen lassen müßten. Als zweites Verdichterrad wird das gleiche wie bei der ersten Stufe
verwendet. Dieses wird jedoch modifiziert, da der Wirkungsgrad der Stufe sonst relativ schlecht ist.
Die Ziele der Konstruktion:
- das Verdichtungsverhältnis sollte größer als 5 sein
- die Schub des Triebwerkes sollte über 150 N betragen.
- das Gewicht sollte auf keinen Fall über 2500g betragen.
Zur Auslegung des Triebwerkes wurden einige speziell für diesen Zweck angefertigte Excel-Arbeitsblätter
genützt. Außerdem kamen auch professionell erstellte Auslegungsprogramme zum Einsatz. Nachdem das
Triebwerk rechnerisch auslegt war, wurde mit der Konstruktion begonnen.
Es war jedoch von Anfang an klar: Das Konstruktionsprinzip der bisher bekannten Modelltriebwerke ist für
einen zweistufigen Radialverdichter ungeeignet.
Der Grund hierfür ist die zwischen Verdichter und Turbinenrad liegende Ringbrennkammer. Die Anordnung ist
bei zwei hintereinanderliegenden Verdichtern und zwei Lagerpunkten nicht realisierbar, da der Lagerabstand
sonst zu groß wird, was wiederum zu Problemen mit den biegekritischen Drehzahlen führen würde. So kam es
zur Konstruktion mit einer Umkehrbrennkammer. Bei einer solchen Umkehrbrennkammer ist der Bauaufwand
größer, als bei der herkömmlichen Bauform. Der Vorteil ist aber die bessere Durchmischen des Gases durch
die bauartbedingte größere Länge der Brennkammer, welche zu einer besseren Verbrennung führt.
Zur Konstruktion wurden 3-D CAD-Systeme ( Uniqgraphics / Euclid / Pro-E) eingesetzt. Mit den erzeugten
3D-Modellen der einzelnen Komponenten ließen sich dann, mit Hilfe der jeweiligen CAM-Module, das
NC-Programm zur Fertigung der Teile erstellen.
Hier einige Ansichten, bzw. Bauteile der TM 74:
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Fertigung: |
Zur Fertigung der Triebwerksteile konnten die Laboraussattung des Fertigungstechnik-Labor genutzt
werden. Hierbei kamen folgende Werkzeugmaschinen zum Einsatz:
- 4-Achsen-CNC-Bearbeitungszentrum
- CNC-Drehmaschine mit angetriebenen Werkzeugen
- CNC-Laserblechschneideanlage
Mit Hilfe dieser Maschinen wurde die Fertigung der zum Teil recht komplexen Werkstücke erst möglich.
An dieser Stelle möchte ich mich auch beim damaligen Assistenten des Fertigungstechniklabor Herr Peter
Krumbacher bedanken, der viel Zeit in die CAD/CAM-Technik investiert hat.
Am Zeitaufwendigsten war die Konstruktion, bzw. die Fertigung der Turbinenstufe. Hierbei stand zur
Konstruktion der Turbinenschaufeln keine spezielle Software zu Verfügung, welche die einzelnen Punkte
der Skelettlinien im Raum berechnet. Somit mußten die Schaufeln über eine, am Umfang abgewickelte
Skelettlinie, “hochgezogen” werden. Auf eine Verwindung der Schaufeln mußte hierbei verzichtet werden,
da zur Fertigung nur ein 4-achsiges Bearbeitungszentrum zu Verfügung stand. Da das Verhältnis
Schaufellänge/Stufendurchmesser aber relativ klein ist, beeinflusst dies den Wirkungsgrad unwesentlich.
Bei der Herstellung der Turbinenstufe traten die Schwierigkeiten erwartungsgemäß bei der Fertigung des
Turbinenrades auf, da dieses aus Inconel 718 besteht. Da die Schnittwerte aus der Literatur für diesen
Werkstoff, bei sehr kleinen Werkzeugen (3mm Hartmetallfräser), nicht übernommen werden konnten,
mußten die Schnittwerte mehr oder weniger experimentell ermittelt werden. Jedoch ist die
Werkzeugstandzeit bei diesem Werkstoff trotz allem relativ gering.
angetriebener Werkzeuge g
Technische Daten:
| Verdichtungverhältnis | [-] | 6,5:1 |
Drehzahl | [1/min] | 120000 |
Massenstrom | [kg/s] | 0.28 |
Abgastemperatur | [°C] | ca. 620 |
Schub | [N] | ca. 175 |
Gewicht | [kg] | ca. 2,3 |
Länge | [mm] | 240 |
Durchmesser | [mm] | 136 |
Funktionsprinzip: |
Verdichter: | zweistufiger Radialverdichter |
Brennkammer | Umkehrbrennkammer mit so genannten Hakensticks zur Kraftstoffverdampfung |
Turbine | einstufige Axialturbine |
Zur Regelung der Kraftstoffpumpe, sowie zur Überwachung (Drehzahl und
Abgastemperatur) der Turbine kommt eine elektronische Regelung zum Einsatz.
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Stand der Entwicklung: |
Das Triebwerk funktionierte bei seinem Erstlauf, welcher Ende Juni 2000 stattfand, erstaunlich gut. Lediglich
die Abgastemperatur war etwas zu hoch. Durch die Erhöhung der Lufteinlassfläche im Sekundärbereich der
Brennkammer wurde dieses Problem jedoch gelöst. Die Verbrennung des Kraftstoffes funktioniert hierbei
hervorragend. Auch die Temperaturdifferenz im Abgasstrahl ist sehr gering.
Nach mehreren Testläufen wurde das Triebwerk durch einen Fehler in der Kraftstoffversorgung überhitzt. Die
folge war ein kapitaler Triebwerksschaden (die komplette Turbinenstufe wurde atomisiert). Da die Fertigung
des Turbinenrades recht Zeit- und nicht zuletzt auch Materialaufwendig ist konnte das Triebwerk bei der
Ohain-Whittle Trophy 2000 nicht vorgeführt werden. Die Lieferzeiten für Inconel 718 lagen bei ca. 6
Wochen. Mit der neuen Turbinenstufe läuft das Triebwerk nun wieder recht gut. Es muß sich hierbei immer
vor Augen gehalten werden, daß das Triebwerk, bis auf die kleine Änderung an der Brennkammer, immer
noch im “Urzustand” befindet. Hierbei macht sich die recht zeitaufwendige Auslegung positiv bemerkbar. Es
gibt jedoch noch einige Kleinigkeiten zu verbessern, damit das Triebwerk perfekt funktioniert, und seine volle
Leistung entfaltet. Ich denke jedoch, daß das Triebwerk noch in der Saison 2001 auf einem Trainermodell
zum Einsatz kommt.
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